FAMILY LIFE // GENERATION 2.0 . WERDEN WIR WIE UNSERE ELTERN?

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Manchmal höre ich meinen Kindern beim spielen zu und plötzlich ist es da: dieses sehr vertraute Geschimpfe mit der Puppe, oder dieser eine Satz, in dem ich mich sofort wiedererkenne. Es sind diese Momente im Mamaleben, wo du plötzlich dich selbst durch den Kindermund reden hörst.  Kinder imitieren uns Eltern, das ist ganz normal. Schräg nur, wenn wir plötzlich Sätze hören, die uns schon an unseren Eltern genervt haben und die sich ganz klammheimlich in unser Elternwording eingeschlichen haben. In solchen Momenten drängt sich unweigerlich die Frage auf: werden wir wie unsere Eltern? Und wenn ja: ist das eigentlich so schlimm?

Ab dem Tag ihrer Geburt, wurde von Freunden und Verwandten spekuliert, wem unsere Mädchen ähnlich sehen, mir oder meinem Mann. Die einen haben „ganz eindeutig“ den Papa erkannt, die anderen „völlig klar“ die Mama. Sogar Omas und Opas haben sich in unseren Kindern sofort wiedererkannt. Was damals mit optischen Ähnlichkeiten begann, setzte sich spätestens ab dem Plauderalter auch verbal fort. Kinder lernen durch ausprobieren und imitieren. Dabei kann es schon vorkommen, dass die Minis Wörter nachplappern, die uns Eltern eher rausgerutscht sind. Schimpfwörter zum Beispiel. Ich persönlich habe es total genossen, wie unsere Töchter zu sprechen begonnen haben. Neben lustigen Wortkreationen wie „Dujedalle“ (Gummibärchen), „traubig“ (traurig) und „Delofin“ (Delphin), haben aber auch unsere Töchter ganz oft nachgeplappert, was sie rund um sich so aufgeschnappt haben. Spätestens ab dem Rollenspielalter waren sie dann da: diese Sätze und Gewohnheiten, in denen ich mich sofort wiedererkannt habe. Wenn E. mit ihrer Puppe schimpft oder E. ihre Regale dekoriert. Im Spiel unserer Kinder finden wir uns aber nicht nur selbst wieder. Oft hören wir unsere Mütter durch den Kindermund sprechen. Sätze, die uns an unseren Müttern genervt haben, kommen plötzlich aus dem Kinderzimmer. Da ist er auf einmal – der knapp 1,20 m kleine Spiegel auf zwei Beinen, der uns zeigt, wie viel wir selbst von unseren Eltern übernommen haben. Ob uns das nun passt oder nicht.

Generationen 1

“Deine Schwester macht das doch auch nicht!” – bäh, wie ich diesen Satz gehasst habe als Kind. Und dennoch: Heute als Mutter rutscht er mir auch manchmal raus, obwohl ich mir immer geschworen habe, meine Kinder nie miteinander zu vergleichen oder ihnen gar den Vergleich hinzuknallen. Schuldig im Sinne der Anklage. Ich gebe ganz offen zu, ich verstehe vieles heute besser, kann Verhaltensweisen meiner Eltern eher nachvollziehen als früher. Wenn du einen Schreianfall bekommst und dein Kind anbrüllt, weil es mehrere Klopapierrollen in der Toilette versenkt hat. Wenn du völlig übermüdet und schlafentzogen spürst, wie dir die Wut aufsteigt und du deinen Geduldsfaden förmlich reißen hören kannst. Diese Momente gehören auch zum Mamasein dazu. Da muss man gar nichts schön reden. Ist so. Ist menschlich. Kann passieren und die Minis überleben das. Genau in diesen Momenten denkst du zurück an deine eigene Mama und stellst fest: sie hat auch ums Überleben gekämpft. Genauso wie du jetzt, stand sie auch im überfluteten Klo und war den Tränen nah. Denn erst wenn du selbst Mutter wirst, verstehst du, wie sehr du manchmal am Limit bist und wie schnell jeglicher guter Vorsatz, jegliche pädagogisch wertvolle Erziehungsstrategie blitzschnell im Klo landet. Gemeinsam mit einem Wochenvorrat Klopapier.

Erwachsen werden, bedeutet auch, zu erkennen, dass wir gewisse Eigenschaften geerbt haben, die uns nicht so besonders gut an uns gefallen. Wir sind nicht unfehlbar, sind nicht “besser” als unsere Eltern, wir geben auch unser Bestes und kämpfen ums Überleben im täglichen Familienwahnsinn. Geben uns als Zoodirektor, als Schiedsrichter, Alleinunterhalter, Reinigungsfirma und Cateringunternehmen. Jeden Tag. Kein Wunder, dass Multitasking gepaart mit einem Managerposten im eigenen Familienunternehmen, langfristig aufgebautem Schlafentzug und dem Willen, alles perfekt zu machen, zu gelegentlichen Ausbrüchen führt. Erwachsen werden, bedeutet, dass man akzeptiert, nicht perfekt zu sein und versteht, dass das völlig okay ist. Erziehungsmethoden, die uns an unseren Eltern nicht gefallen haben, können wir ändern. Versuchen, es nicht besser, sondern anders zu machen. Trotzdem werden wir in gewissem Sinne wie unsere Eltern, denn Elternsein war schon immer einer der herausfordernsten Jobs der Welt. Ein Managerposten mit höchstem Verantwortungsgrad, der, wenn auch nicht per Managergehalt entlohnt wird, wohl in sich die lohnendsten Momente überhaupt bereithält. Wenn deine Kinder am Ende des Tages satt, gesund, halbwegs sauber und zufrieden einschlafen, hast du einen ziemlich guten Job gemacht. Eltern sind in jeder Generation – egal ob als Ein- oder Zweimann/fraubetrieb – extrem coole Socken.

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2 Kommentare

  • Ich hatte eine wundervolle Kindheit und kann mich kaum an dinge erinnern die mich extrem genervt habe. Ich versuche meinem Sohn zu zeigen das es völlig Ok ist nicht perfekt zu sein. Denn niemand ist perfekt, schon gar nicht ich aber ich gebe mein bestes.
    Also weiter so.
    Lg. Irene
    http://www.moliba.blogspot.com

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