Was machst du, wenn deine Zweitklässlerin Ruhe braucht, weil es an der Hausübung sitzt oder für einen (20-minütigen!) Mathematik Test lernt und deine 4-Jährige auch “Schule spielen ” will? Heute möchte ich ein wenig darüber erzählen, wie wir versuchen, den Spagat zwischen Neugier, der Freude am Kennen-Lernen einerseits und dem Leistungsdruck, der sich schon im Kindergartenalter heimlich heranschleicht, zu schaffen. Vom Fördern, Fordern und Überfordern – vom spielerischen Umgang mit Zahlen und Buchstaben: Unser Verständnis von Slow Learning + gratis Druckvorlage für euch zum Download.
Als ich neulich auf meinem Instagram Profil in den Stories den Mathematik-Test meiner Zweitklässlerin gepostet und euch – Eltern wie LehrerInnen – um eure Meinung gebeten habe, war ich überwältigt von so viel Feedback. Eine sehr spannende Diskussion und ein Thema, das offensichtlich viele von euch bewegt. Wieviel Leistung muss ein 7-Jähriges Kind bringen? Warum MUSS ein Kind in diesem Alter eigentlich schon stundenlang üben, bis die Tränen fließen und die Nerven blank liegen? Sind Tests inkl. Counddown-Uhr wirklich nötig in diesem Alter? Geht es auch anders? Diese Fragen habe ich euch gestellt und ihr habt mir unheimlich viele Nachrichten mit euren Ideen, Gedanken und Sorgen geschickt. Dafür erstmal DANKE! Auch mich beschäftigt das Thema Schule, Leistung und Anforderungen natürlich sehr und begleitet uns als Eltern täglich. Da dieses Thema allerdings – zumindest nach meiner Erfahrung – bereits im Kindergarten beginnt, möchte ich persönlich auch bei meiner jüngsten Tochter den Spaß am “Lernen” unterstützen ohne sie zu überfordern. Seit wir ein Schulkind im Haus haben, wächst auch bei der kleinen Schwester das Interesse für Buchstaben und Zahlen. Als Mutter ist es mir besonders wichtig, diesem Interesse nachzukommen, ohne meine 4-Jährige dabei zu überrollen. Wie ich seit dem Schuleintritt meiner ältesten Tochter weiß: der Leistungsdruck beginnt mit Tag 1 und die (eben noch Kindergarten-)Kinder müssen von 0 auf 100 starten. Wahlmöglichkeit = 0. Zeit zum durchatmen? Ebenfalls = 0. So sehr ich auch möchte, dass meine kleine Tochter ihre Kindergartenzeit genießt und “einfach nur spielen” darf, so weiß ich auch, dass das leider Utopie ist. Bereits im Kindergarten startet das Streben nach Leistung und möglichst viel schulischem Wissen vermitteln. Natürlich möchte ich nicht, dass mein Kind einen Nachteil gegenüber anderen Schulanfängern hat, jedoch bin ich fest davon überzeugt, dass die Kinder in diesem Alter zwar neugierig und wissbegierig sind, ein spielerischer Zugang zu Buchstaben und Zahlen aber wesentlich sinnvoller ist. Viele Kindergärten versuchen, dies umzusetzen und ihren Vorgaben “von oben” möglichst altersgerecht nachzukommen.
Ich habe allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass gerade wir Eltern uns oft vom Leistungszug mitreißen lassen und aus Angst, unsere Kinder könnten später einen Nachteil haben, eher überfördern als die eigenen Interessen der Kinder zu unterstützen. Versteht mich nicht falsch, das ist natürlich – so wie jede Erziehungsfrage – ein sehr individuelles Thema und es steht jedem frei, wie sie/er das handhabt. Weder steht es mir zu, anderen Eltern zu sagen, wie sie ihr Kind erziehen sollen, noch möchte ich das, denn es geht mich überhaupt nichts an. Manchmal finde ich es nur schade, dass wir Eltern selbst so sehr im Leistungsrad feststecken, dass uns oft nicht mal bewusst ist, dass wir diesen Anspruch auch auf unsere Kinder übertragen. Mal ehrlich, unser Alltag, unsere Jobs fordern uns täglich – genauso ist aber auch der Kindergarten für die Minis anstrengend. Nur eben auf einem anderen Level. Kommen dann noch “Vorschul-Programm” und diverse Kurse hinzu, kann sich auch bei den Zwergen schnell mal Stress und Überforderung einstellen. Zumindest habe ich das bei meinen Kindern beobachtet. Raum für Kreativität, Zeit zum freien spielen oder Fantasie sind leider im Schulsystem oft weniger gefragt. Gut ist, wer schnell ist. Erster sein – das ist das Ziel. Ist es das? Hat nicht jedes Kind sein eigenes Tempo? Wir versuchen derzeit sehr bewusst, so gut es uns möglich ist, die Nachmittage und Wochenenden zu entschleunigen. Das gelingt uns mal mehr, mal weniger, das ist klar.
“Slow Learning” ist daher derzeit bei uns zu Hause ein großes Thema, das ich versuche, so gut es geht, in den Alltag einzubinden. Was heißt das genau? Für mich heißt “Slow Learning”, spielerisch den Buchstaben und Zahlenhunger meiner Kleinen zu stillen und die Große bei ihren schulischen Herausforderungen zu unterstützen. Am besten gelingt uns das meistens mit kleinen Rechenspielen, die ich in den Alltag einbinde. Beim Backen mit den Kindern zum Beispiel werden aus Rezepten kleine Rechenaufgaben. “Wenn ich 4 Eier brauche und schon ein Ei aufgeschlagen habe, wie viele Eier muss ich dann noch aufschlagen?” Diese praktischen Spiele machen schwer greifbare Zahlen und Rechnungen im wahrsten Sinne des Wortes “be-greifbar” und meine Erfahrung ist, dass auf diese Weise auch tatsächlich oft viel mehr hängenbleibt als bei Rechenaufgaben auf Papier. Das gleiche Prinzip bildet auch die Basis für unsere Slow Learning Spiele. Das Wäscheklammern-Buchstaben-Spiel, das ihr hier *klick* ganz einfach nachmachen könnt, ist bei meiner 4-Jährigen schon ein Dauerbrenner. Auch das Salztablett für erste Schreibversuche ist bei uns grad sehr beliebt. Derzeit bin ich daher ständig am Basteln neuer Slow Learning Ideen. Eine davon möchte ich heute mit euch teilen. Meine Version des Zahlenrads, passend zur Jahreszeit mit Sternen, das ihr hier gratis herunterladen und ausdrucken könnt:
Wie geht ihr mit dem Leistungsdruck um? Kommen eure Kinder gut mit den Anforderungen in Schule und Kindergarten zurecht oder habt ihr das Gefühl, es wird zu viel / zu wenig verlangt? Ich bin wirklich sehr gespannt auf euer Feedback!
Beitrag für später merken: